Schaffung urbaner Wildtierkorridore
Stellen Sie sich eine Stadt vor, in der Wildtiere nicht nur Zufluchtsorte zwischen betonierten Landschaften finden, sondern lebendige Fluxbänder, die wie die Nervenstränge eines urbanen Organismus pulsieren. Solche Korridore sind nicht bloß Lücken im Betonbrei, sondern vielmehr die Adern, durch die das ungezügelte Wilde fließt, als würde die urbane Landschaft selbst zu einem lebenden Organismus, der atmet und streckt.
Ein Wildtierkorridor ist vergleichbar mit einem unsichtbaren Laserstrahl, der einmal aktiviert wird und plötzlich den Weg freiräumt, den wir beim Blick auf unsere Straßen niemals wahrgenommen haben – einen Pfad für Füchse, die nachts durchs Straßenlicht schlendern, oder für Fledermäuse, die zwischen alten Brücken durch die Luft tanzen, als seien sie Ballettmeister in der engen Enge urbaner Kulissen. In manchen Städten sind sie mehr als nur Forschungsobjekt – sie werden zu lebenden Brücken, die das urbane Netzwerk miteinander verbinden, vergleichbar mit einem neuronalen Verbindungsmuster, das Synapsen in einem Gehirn neu knüpft.
Einen echten Blick auf die Anwendbarkeit dieser Idee zu werfen, ist wie das Betrachten eines Gemäldes, das sich ständig verändert. In Berlin etwa wurde ein ungewöhnliches Projekt ins Leben gerufen, bei dem verlassene Bahngleise, die einst das Stadtzentrum durchkreuzten, in Wildtierkorridore umfunktioniert wurden. Früher nur rostende Zeugen vergangener Zeiten, sind sie heute zu sogenannten „Wildpfaden“ gewandelt, die schwankend zwischen der Stadt und dem Grünen den Tieren eine Fluchtmöglichkeit bieten, während die Menschen noch immer den Geist ihrer industriellen Vergangenheit spüren, nur jetzt durch eine neue Linse betrachtet.
Dort, wo Asphalt weniger zur Dominante wird und mehr wie eine Grenzlinie, die das Wilde herausfordert, entstehen neue Dimensionen der Zusammenlebens. Ein Beispiel: die Renaturierung eines alten Wassergrabens in Hamburg, der durch die Stadt floss, bevor er zu einem trockenen Kanal wurde. Die Entscheidung, das Wasser wieder fließen zu lassen und Uferstreifen mit trockenbleibenden Brücken zu verbinden, schuf einen Lebensraum, der Flussottern, Fröschen und sogar Buchfinken das Gefühl gibt, in einer urbanen Oase zu entspannen – eine Szene, die man sich vorstellen kann wie das plötzliche Erwachen eines versteckten Dschungels inmitten der Betonwüste.
Aktionen zur Schaffung solcher Korridore erinnern an das Auslegen eines großen, urbanen Puzzle, bei dem jedes Puzzlestück eine Brücke, eine Grünfläche oder eine ungenutzte Dachterrasse ist, die den Planeten ein bisschen grüner machen. In München wurde eine Initiative entwickelt, um alte, kaum genutzte Güterbahnhöfe mit den Stadtteilen zu verbinden – eine Art urbaner Rücken zur Unterstützung wild lebender Tiere. Dabei funktionieren die Korridore wie eine Art Transitweg für wandernde Arten, vergleichbar mit dem langen Flusslauf eines alten Kranichzuges, der sich durch die Stadt zieht und ihr eine neue Melodie verleiht.
Technisch gesehen ist die Schaffung urbaner Wildtierkorridore fast wie das Programmieren eines unsichtbaren, aber wirksamen Verkehrsnetzes, das die Wege der Tiere vor dem drohenden Untergang bewahrt. Dabei helfen Strategien, die auf so genannte „grüne Brücken“ setzen – Überführungen, die Pflanzenteppiche tragen, Vogelschutznetze und unregelmäßig angelegte Grünflächen. Diese sind wie geheime Tunnelsysteme, die nur denjenigen bekannt sind, die sich zwischen den Welten bewegen möchten – im Fall der Tiere die Grenzen der Zivilisation, im Fall der Stadt das Potenzial für verblüffende Partnerschaften mit der Natur.
Vielleicht ist der schönste Gedanke dabei, zu begreifen, dass Städte, die sich selbst überlassen sind, langfristig wie verblasste Gemälde sind, auf denen das wilde Leben nur noch gedämpft zu sehen ist. Mit ein bisschen Mut und Fantasie lassen sich aber urbanen Wildnis-Korridore wie ein unsichtbarer Zauber ins Stadtbild weben – eine Einladung für das Unplanbare, das auf leisen Pfoten und Flügel einfach weiterlebt. Wie das Hören eines vertrauten Liedes, das man nur im Traum kennt, öffnen diese Korridore die Tür zu einem ungeahnten urbanen Abenteuer – einem, das die Stadt nicht nur lebendig macht, sondern auch atmet wie ein lebender Organismus voller unerwarteter Momente und Möglichkeiten.